Jeder Mensch, egal ob Taucher oder nicht, hat eine einzigartige Beziehung zum Meer, die mal schwächer und mal stärker ist. Für Paul de Gelder war diese Beziehung bislang rasant, komplex und kraftvoll. Seine Kindheit verbindet er mit glücklichen Erinnerungen an den Ozean, seine Tauchlaufbahn begann er als Minentaucher der australischen Navy, 2009 verlor er zwei Gliedmaßen an einen Bullenhai. Heute ist er als Redner, Autor und Fernsehmoderator für Programme wie die Shark Week auf Discovery Channel leidenschaftlicher Befürworter des Hai- und Meeresschutzes. Paul de Gelder hat tiefgründige Überlegungen dazu, wie wir als Menschen mit den Meeren interagieren.

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Frage: Wie hat sich dein Tauchen über die Jahre entwickelt?

Paul de Gelder: Das erste Mal getaucht bin ich 2005, in der ersten Phase meines Minentauchertrainings. Ich war 28 Jahre alt und wollte von der Luftstaffel wechseln. Vom Himmel zum Meer war eine große Veränderung. In wenigen Wochen wurde ich vom Amateur in Sachen Gerätetauchen zum Bombensucher unter den Rümpfen von Kriegsschiffen. Ich gehe alles im Leben ohne lange zu fackeln an und das hat mir damals sicherlich geholfen. Nach einem Trainingsjahr war ich Navytaucher und in der Lage, Sauerstoffkreislaufgeräte bei Nacht stundenlang zu tauchen, um entfernte Aufklärungsaufträge durchzuführen, mit Helm Unterwasserbeschädigungen mit explosiven Handwerkzeugen zu reparieren und sogar Minensprengung- und räumung unter Wasser und an Land auszuüben. Es war eines der härtesten Jahre meines Lebens und ich habe es genossen. Meine Karriere wurde beendet, als mir ein Hai bei der Arbeit eine Hand und ein Bein nahm. Ich blieb als Ausbilder in der Navy, aber das erfüllte mich nicht. Ich brachte Menschen Dinge bei, die ich liebte und selbst nicht tun durfte, obwohl ich mich mit all der Ausrüstung nochmals qualifizierte. Aus Sicht der Navy war ich kaputt, also verließ ich sie und kam 2012 dazu, motivierende Reden zu halten. Das war das einzige, vor dem ich mehr Angst hatte als vor Haien. Dann kam die Shark Week des Discovery Channel und schon wieder riskiere ich mein Leben und (weitere) Gliedmaßen, um etwas zu tun, was ich liebe. Ich könnte mir keine bessere Situation vorstellen.

Frage: Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der besondere Bedürfnisse hat und das Tauchen erlernen möchte?

Paul de Gelder: Höre auf, dir Gedanken zu machen und fang einfach an. Außer deiner eigenen Unsicherheit hält dich nichts zurück. Lasse sie hinter dir und heiße das Abenteuer willkommen. Das Leben setzt sich aus von uns gelebten Geschichten zusammen. Einige dieser Geschichten sind klein, aber einige, wie Taucherlebnisse, sind Geschichten, an die du dich erinnern und von denen du ein Leben lang erzählen wirst. Davon haben viele Leute nicht genügend, weil sie sich zu viele Gedanken machen und zu selten die Initiative ergreifen.

Frage: Wie hat sich deine Beziehung zu Haien über die Jahre entwickelt?

Paul de Gelder: Früher hatte ich unglaublich viel Angst vor Haien. Heute habe ich Angst, beim Tauchen keine zu sehen. Durch Unwissenheit und fehlendes Verstehen hatte ich eine intensive Angst entwickelt, besonders weil ich so viel im Wasser war. Aber nach meinem Haiangriff, der es in die weltweiten Nachrichten schaffte, musste ich mein Wissen ausbauen. Andernfalls wäre ich als Gast bei Fernsehauftritten zu Haiangriffen (davon gab es in Australien viele) wie ein Dummkopf rübergekommen. So konnte ich den Menschen etwas beibringen und beide, die Zuschauer und die Haie, schützen. Wenn ich jetzt mit Haien im Wasser bin muss ich immer vor Freude grinsen, das führt stets zu Wasser in meiner Tauchmaske.

Frage: Was inspiriert dich dazu, solch ein leidenschaftlicher Fürsprecher für den Schutz der Haie zu sein?

Paul de Gelder: Meine 12 Jahre beim Militär haben mich gelehrt, zu dienen. Diejenigen zu schützen, die sich womöglich nicht selbst schützen können und die weitermachten als ich aufhörte. Gute Menschen müssen sich für diejenigen einsetzen, die als grausam verschrien werden, aber keine eigene Stimme haben. Dieser Planet und unsere Meere sind keine Müllhalde und auch kein All-You-Can-Eat-Buffet. Sie halten uns am Leben. Ohne sie sterben wir. Ohne Menschen, die darauf aufmerksam machen, wenn wir schlecht handeln, vergessen oder übersehen wir es. Ohne Wissen und Verstehen entwickeln wir Angst. Wir sind eine fehlerhafte Spezies, aber auch fähig, Großes zu schaffen. Ich hoffe, dass zukünftig immer mehr Menschen lernen werden, Haie so zu schützen wie ich und meine Haifreunde auf der ganzen Welt es tun.

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Photo: Shutterstock | Michael Bogner

Frage: Was bedeutet es dir, bei der Shark Week auf Discovery Channel mitzumachen?

Paul de Gelder: Ich liebe es, Teil der Shark Week zu sein. Ich weiß, dass manche Menschen es lieben und manche es hassen. Ich finde auch, dass etwas übertrieben wird, aber man kann von außen nichts ändern. Ich darf dort sagen, was ich will und ich kann meine Leidenschaft für die Haie weitergeben. Ich kann zeigen, dass sie fantastische, wilde Raubtiere sind, aber auch missverstandene evolutionäre Wunderwerke. Die Leute sollten bedenken, dass es nicht „Haidokumentations-Woche“ ist, sondern SHARK WEEK – und das beinhaltet alles. Gruselfilme mit Haien, die ich liebe, Wissenschaft, Abenteuer, Nervenkitzel, Filmkunst, Charaktere aus der Haiszene, wirklich alles über Haie. Indem ich diese Aufgabe übernehme trete ich in die Fußstapfen von Menschen, die ich bewundere und seit ich ein kleines Kind war gesehen habe. Außerdem habe ich die Möglichkeit, ihr Vermächtnis weiterzuführen und hoffentlich andere Menschen zu begeistern, zu bilden und zu unterhalten.

Frage: Was hältst du für die besten Möglichkeiten für PADI Taucher auf der ganzen Welt, sich am Meeresschutz zu beteiligen?

Paul de Gelder: Das ist nicht schwierig, denn es gibt weltweit sehr viele Gruppen, die versuchen, etwas zu bewegen. Meine erste Empfehlung auf diese Frage ist immer erst einmal in der Region zu schauen. Finde eine Gruppe in deiner Nähe, mit der du dich gerne einlässt Zusammen mit Freunden macht alles mehr Spaß. Wenn es an deinem Standort keinen Verband gibt, kannst du dich an eine größere Organisation wenden und fragen, ob sie dir bei der Gründung einer regionalen Gruppe helfen. Umweltschutz beginnt immer vor der eigenen Haustür.

Um mehr über Paul de Gelder und seine eindrucksvolle Geschichte zu erfahren, besuche seine Website oder folge ihm auf Instagram. Willst du mit Haien tauchen und ihnen zugleich helfen? Eine tolle Möglichkeit, mehr über den Schutz von Haien zu erfahren und aktiv zu werden ist die Project AWARE Shark Conservation Spezialbrevetierung und ein Besuch auf ProjectAWARE.org.

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