Nachdem wir ein beeindruckendes Foto von PADI AmbassaDiver™ Gemma Smiths Tauchgang am „Hell’s Gate“ in der Ojamo-Mine (Finnland) geteilt hatten, wurde uns klar, dass wir noch mehr über den einzigartigen Tauchplatz herausfinden müssen, an dem es entstanden ist…
Hallo Gemma, kannst du uns bitte etwas über die Mine erzählen?
Die Ojamo-Mine in Finnland ist eine alte Kalksteinmine und befindet sich in der Stad Lohja, ca. 60 km von Finnlands Hauptstadt Helsinki entfernt. Die Minenarbeiten begannen hier im frühen 19. Jahrhundert und wurden bis zum Beginn des Russlandkriegs 1939 fortgeführt. Danach wurde die Mine vorübergehend als Kriegsgefangenenlager genutzt. Nach dem Krieg wurde in der Mine wieder gearbeitet bis sie dann in den 1960er Jahren für immer stillgelegt wurde, weil es billigere Lösungen gab und der Bedarf für Kalkstein zurückgegangen war. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich die Mine dann langsam mit Wasser gefüllt. In Finnland gibt es nur wenige Höhlen, die sich auf natürlichem Wege gebildet haben, und so kam es, dass die überflutete Mine zu einem der beliebtesten Tauchziele Skandinaviens (und vielleicht sogar der Welt) geworden ist. Und das zu Recht. In der Mine gibt es auf verschiedenen Ebenen tausende Kilometer lange Tunnel, von denen einige noch nie erforscht worden sind. Obwohl unklar ist, wie tief die Mine genau ist, geht man von mehreren Hundert Metern aus.
Welche Vorsichtsmaßnahmen muss man treffen, wenn man in der Ojamo-Mine in Finnland tauchen will?
Wer hier tauchen will, muss einige Vorsichtsmaßnahmen treffen. Als erstes muss man natürlich berücksichtigen, dass man in einer Umgebung taucht, in der der direkte Weg nach oben versperrt ist. Um in einer solchen Umgebung sicher zu tauchen, braucht man eine umfangreiche Ausbildung und viel Erfahrung, und zwar egal, ob der Weg nach oben (wie in Höhlen oder Minen) tatsächlich versperrt ist oder nur „virtuell“ (weil man Dekompressionstopps einlegen muss). In der Mine wurden hervorragende Leinen angebracht. Man kann sich also ganz leicht an die Kardinalregel halten, die da lautet, dass man immer eine durchgehende Leine bis zur Oberfläche braucht. Trotzdem ist es immer noch sehr wichtig, dass man den Überblick behält und immer weiß, wo man sich gerade befindet. Die andere große Herausforderung bei diesem speziellen Tauchgang ist die Temperatur. Das Minenwasser hat das ganze Jahr über 3-4 Grad, man muss also unbedingt richtig gegen die Kälte geschützt sein. Ich war im Dezember dort und das Schlimmste am Tauchen war die umgekehrte Sprungschicht. Für unsere Dekompression mussten wir zu dem See hochtauchen, der sich über dem Eingang der Mine befindet und nur 2 Grad „warm“ ist! Zum Glück gibt es auf 6 Metern ein Habitat!
Wie unterscheidet sich das Minentauchen vom Höhlentauchen?
Der größte Unterschied zwischen dem Minentauchen und Höhlentauchen ist die menschliche Komponente. Höhlen bilden sich im Laufe von tausenden von Jahren und Menschen haben meisten keinen Einfluss darauf, wie sich Höhlen entwickeln. Minen werden von Menschen gebaut, von ihnen bearbeitet und sie haben eine Geschichte, die mit Menschen in Zusammenhang steht. Das ist industrielle Archäologie. Das ist als würde man Alles, was ich am Höhlentauchen liebe mit Allem, was ich am Wracktauchen liebe, zu einem einzigen großartigen Erlebnis verbinden. Was die Logistik angeht, ist Minentauchen dem Höhlentauchen sehr ähnlich. Natürlich hat jeder Tauchplatz seine ganz speziellen Eigenheiten (in den Höhlen von Florida sind das z. B. die Strömungen und in Mexiko ist es die komplexe Navigation). Letztendlich braucht man aber für beides dieselben Fertigkeiten.
Was macht es deiner Meinung nach so reizvoll, in einer alten Mine zu tauchen?
Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass Minentauchen zu den interessantesten und schönsten Tauchmöglichkeiten gehört, die es gibt. Ich liebe Geschichte und Archäologie. In dieser Hinsicht ist Minentauchen einfach fantastisch. Einen Stiefel zu finden, der vor fünfzig Jahren von einem Minenarbeiter zurückgelassen wurde, oder einen Motor, der aussieht als könnte er jeden Moment wieder laufen, das ist toll. In vielen dieser Minen gibt es immer noch viele Hinweise und Erinnerungen an die Männer, die dort ihr Arbeitsleben verbracht haben. Und auch wenn Geschichte nicht so dein Ding ist, hat das Minentauchen dir trotzdem viel zu bieten. Was die Baustruktur der Minen angeht, gibt es einige unglaubliche Dinge zu sehen. In der Ojamo-Mine gibt es einen Tauchplatz mit dem Namen Hell‘s Gate (d. h. „Höllentor“). Ursprünglich sollte es die Decke der Mine stützen, doch dann stellten die Ingenieure fest, dass sie so weit gebohrt hatten, dass die Tunnel bis auf wenige Meter unter den See reichten. Heute sieht das aus wie ein Tor zu einer anderen Welt. So wie manche Leute aus der ganzen Welt anreisen, um den Grand Canyon zu sehen, gibt es beim Minentauchen nicht weniger beeindruckende Dinge unter Wasser zu sehen.
Hast du irgendwelche ganz besonderen Erinnerungen an den Tauchgang?
Bei den ersten Tauchgängen, die wir machten, war mir sicherlich nicht so ganz klar, wie kalt es tatsächlich werden würde. Als wir bei dem See ankamen durch den man in die Mine eintaucht, war seine Oberfläche völlig zugefroren. Wir mussten erst einmal ein großes Loch hineinbrechen, bevor wir ins Wasser steigen konnten. Wir hatten immer Unterstützung an Oberfläche, und nach unserem ersten Tauchgang, war klar, wie wichtig das war! Wir versuchten aufzutauchen und mussten feststellen, dass das Loch, das wir zum Einsteigen gemacht hatten, nach unserem zweistündigen Tauchgang wieder völlig zugefroren war. Unsere Oberflächenunterstützung musste es erst wieder mit einer Eisenstange aufbrechen, bevor wir aussteigen konnten! Danach sorgten wir dafür, dass immer jemand regelmäßig kleine Eisteile abbrach und verhinderte, dass sich das Loch schließen konnte.
Wie hast du die Gelegenheit bekommen dort zu tauchen?
Diese Ojamo-Reise war eigentlich Teil eines viel größeren Filmprojekts mit dem Namen „Dive Odyssey“, an dem ich schon seit ein paar Monaten mit dem Filmemacher Janne Suhonen arbeite. Es ist schwer, Tauchfilme zu machen, die interessant sind, die Aufmerksamkeit der Menschen erregen und außerdem noch ihre Fantasie beflügeln. So sehr wir alle auch die Unterwasserwelt lieben – es ist nicht wirklich eine Sportart, bei der man gut zuschauen kann. Janne will das ändern. Ihn haben solche klassischen Science Fiction-Filme wie „Blade Runner“ und „Abyss – Abgrund des Todes“ inspiriert und er will einen Unterwasser-Science Fiction-Film in der Art machen. Nichts kommt den Geheimnissen und dem Unbekannten des Weltalls so nahe wie die Unterwasserwelt, wieso also nicht beides kombinieren? So kam es also zu Dive Odyssey. Einen Teil müssen wir noch drehen, aber wir haben es fast geschafft! Ich kann es kaum erwarten, das Ergebnis zu sehen!