Ich wippte im kristallblauen Wasser auf und ab, schaute mich nach meinen Buddy um und hob meinen Arm, um Luft abzulassen. Es war das erste Mal seit zehn Jahren, dass ich ernsthaft getaucht bin und mein Adrenalinspiegel stieg.

Die Luft strömte aus meinem Tarierjacket und ich bewegte mich schmerzhaft langsam nach unten. Die Wasserlinie schwebte am oberen Rand meiner Maske. Ich atmete tief durch und dachte daran, dass ich ein zusätzliches Gewicht hätte einpacken sollen. Ich drückte wieder. Diesmal sank ich hinab und die große, blaue Welt offenbarte sich.  

Vor mir lag The Big Cheese (in Spanien), eine massive Felsformation mit Löchern wie ein Emmentaler. Je tiefer wir kamen, desto mehr wichen winzige schwarze Jungfische mit farbenfrohen Schwänzen einem lauernden Raubfisch. Der Divemaster leuchtete mit seiner Taschenlampe und offenbarte eine bedrohlich aussehende Muräne.

Während sich die Gruppe um mich herum bewegte, versuchte ich, meine Flossen bei mir zu behalten und nicht mit den Armen zu fuchteln. Ich erinnerte mich an den Divemaster aus meinem allerersten Kurs im Roten Meer, der seine Arme elegant über der Brust verschränkt hielt und mühelos mit professionellem Auftrieb und nur einem gelegentlichen Tritt dahinglitt. Das bedeutete es, mit dem Strom zu schwimmen.   

Das erste Mal seit über einem Jahrzehnt zu tauchen, entfachte erneut meinen Enthusiasmus, die Unterwasserwelt so schnell wie möglich wieder zu erkunden. Aber was diesen Tauchgang vielleicht noch schöner machte, war, dass ich mich vorher über die Umgebung und nicht nur über den Tauchplatz informiert hatte.

Parque nacional marítimo-terrestre del Archipiélago de Cabrera, Mallorca, Balearic Islands, Spain

The Big Cheese ist einer der besten Tauchplätze im Meeresschutzgebiet Llevant um Mallorca vor der nordöstlichen Küste der beliebten Mittelmeerinsel. Dank geschützter Buchten, Wiesen aus Posidonia-Seegras und Weichkorallen ist es leicht, Seenadeln, Meeräschen, Brassen, Schriftbarsch, Lippfische und Zackenbarsche zu entdecken.

Nach dem Barrier Reef und Südostasien war ich von der falschen Annahme ausgegangen, dass das Mittelmeer als eines der am stärksten überfischten und übermäßig besuchten Meere der Welt taucherisch nicht viel zu bieten hätte.

2007 erkannte die Fischervereinigung von Cala Ratjada, dass ein strenger Schutz dieses 11.000 Hektar großen Gebiets vor industriellen Aktivitäten die Fischerei verbessern würde, anstatt die Lebensgrundlage der Fische zu entziehen. So würde es dort mehr und größere Arten geben. Tourismus, Tauchen und Bootsfahrten florieren, denn die Menschen kommen in Scharen, um die natürliche Schönheit und Natur dieses Gebiets zu entdecken. Es ist eine von vielen Oasen in einer von Menschenhand geschaffenen Meereswüste.

Bedauerlicherweise sind viele Meeresschutzgebiete im Mittelmeer trotz ihres Status eigentlich nicht geschützt. Vor allem die Fischerei mit Grundschleppnetzen, eine der schädlichsten Fischereimethoden, bei der der Meeresboden durchwühlt und alles aufgesaugt wird, was sich in den Weg stellt, ist in diesen gefährdeten Gebieten weit verbreitet – sogar in Küstennähe.  

angel shark swimming

Eine der am stärksten von der Schleppnetzfischerei betroffenen Mittelmeerarten sind Meerengel. Einst waren sie in Europas Meeren weit verbreitet, jetzt sind sie in europäischen Gewässern ernsthaft gefährdet und nur einen Schritt vom Aussterben entfernt.

Neue Schiffsüberwachungsdaten zeigen, dass die spanischen Meeresschutzgebiete im vergangenen Jahr rund 178.223 Stunden Grundschleppnetzfischerei ausgesetzt waren, wobei in einigen Gebieten, darunter der Menorca-Kanal (nur wenige hundert Kilometer vom Llevant entfernt) Zehntausende von Schleppnetzstunden verzeichnet wurden.

Länder wie Spanien haben sich verpflichtet, bis 2030 30 % ihrer Gewässer als Meeresschutzgebiete zu schützen. Das sieht zwar auf dem Papier toll aus, doch die Realität zeigt etwas anderes.

Als Taucher wissen wir besser als die meisten anderen, dass gesunde Meere wichtig für unser Wohlbefinden sind. Wir sehen aus erster Hand, welche unglaubliche Schönheit und welchen Wert das Leben unter Wasser hat. Lasst uns also tief eintauchen – sowohl wörtlich als auch metaphorisch. Lasst uns verstehen, was in und um die Orte herum passiert, an denen wir tauchen. So können wir unsere Stimme nutzen, um die Orte zu schützen, die wir lieben, und für die zu kämpfen, die wiederhergestellt werden müssen.

In Europa haben unsere Politiker die Macht, der Grundschleppnetzfischerei ein Ende zu setzen, und das sollte mit einem sofortigen Verbot in Meeresschutzgebieten und küstennahen Gebieten beginnen. Wenn du willst, dass diese zerstörerische Praxis ein Ende hat und unsere Meere geschützt werden, unterschreibe bitte diese Petition.


Dieser Artikel wurde von Gina Lovett, Environmental Initiatives Manager, Patagonia EMEA, geschrieben.

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